Drei Tage braucht bei trockenem Wetter ein Wassertropfen, bis er die Kläranlage des Abwasserverbandes Langen – Egelsbach – Erzhausen von Anfang bis Ende durchwandert hat. Doch wie ergeht es ihm dort während seines 72-stündigen Aufenthalts? Warum wird er auf seinem Weg in den Rhein und in die Nordsee so lange aufgehalten? Ist das wirklich notwendig? Wird der Tropfen wenigstens gut gepflegt, wer kümmert sich um ihn und welche Freiheiten genießt er, wenn’s mal sintflutartig regnet? Die Abwasserreinigung im Langener Wald hinter der Bundesstraße 486 ist spannender als Sie vielleicht vermuten.
Rechenanlage
Am Anfang der Abwasserreinigung werden die gröbsten Inhaltsstoffe durch mechanische Filter – so genannte Rechenanlagen – aus dem Abwasser entfernt. An den Rechen kommt nichts vorbei, das größer als etwa fünf Millimeter ist. Das Material – das so genannte Rechengut – wird in hydraulischen Pressen entwässert und durch ein Partnerunternehmen des Abwasserverbandes in Kompostanlagen verwertet.Fettfang
In dieser Stufe werden der schwere Sand, der zu Boden sinkt, und das leichte Fett, das aufschwimmt, aus dem Abwasserstrom entfernt. Beides wird wie das Rechengut in Kompostanlagen wiederverwertet.Vorklärung
Die nach Sand- und Fettfang im Abwasser noch enthaltenen sichtbaren kleinen Feststoffteilchen setzen sich im Vorklärbecken ab. Durch Pumpen wird dieser Feststoff anschließend in die Schlammbehandlung zur weiteren Bearbeitung transportiert.
Diese ersten drei Reinigungsstufen werden in der Klärtechnik zusammenfassend mechanische Abwasserreinigung genannt. Sie entfernen etwa ein Drittel der Fremdstoffe aus dem Abwasser. Die restlichen zu entfernenden Stoffe sind gelöst und können nur biologisch oder chemisch abgetrennt werden. Bei beiden Verfahren werden die feinen Partikelbestandteile zu großen Flocken zusammengefügt und dann abgetrennt.
Belebungsbecken
Im biologischen Belebungsbecken der Verbandskläranlage werden mehrere Stoffgruppen biologisch beziehungsweise chemisch umgewandelt, damit sie aus dem Abwasser entfernt werden können. Die Stickstoff- und Kohlenstoffverbindungen werden durch Bakterien in Gase und Feststoffe unter Beteiligung von Luftsauerstoff umgesetzt. Die Stoffgruppe der Phosphorverbindungen wird durch chemische Fällmittel, die dem Abwasser zugeführt werden, zu großen Flocken zusammengebunden.Nachklärung
In die Nachklärung wird das Gemisch des gereinigten Abwassers aus der Belebung zusammen mit dem Belebtschlamm eingeleitet. Er sinkt zu Boden und wird in die biologische Reinigungsstufe zur Abwasserreinigung zurückgefördert. Als Überlauf verlässt das gereinigte Abwasser das Nachklärbecken und gelangt in westlicher Richtung über natürliche Gewässer in den Rhein und in die Nordsee.Wie geht es weiter?
Die Technik der biologischen und chemischen Abtrennung der Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphorverbindungen aus dem Abwasser wurde praxisreif in den achtziger Jahren entwickelt und in Deutschland in den meisten Kläranlagen in den neunziger Jahren mit erheblichen Investitionen eingebaut. Derzeit ist die Abwassertechnik in der Lage, durch einen weiteren Schritt der Reinigung – die so genannte Membranfiltration – die Qualität des Kläranlagenablaufes auf Badewasser- beziehungsweise Trinkwasserniveau zu erhöhen. Ob diese Technik in Zukunft flächendeckend in den Kläranlagen in Deutschland eingeführt wird, ist derzeit noch offen.Klärschlamm
Bei der Abwasserreinigung werden Feststoffe als Rechen- und Sandfanggut sowie überschüssiger Klärschlamm aus der Nachklärung ausgefiltert. Nach entsprechender Entwässerung können Rechen- und Sandfanggut direkt verwertet oder entsorgt werden. Der Klärschlamm würde wegen seines hohen, von Bakterien leicht und schnell abbaubaren organischen Anteils, erhebliche Geruchsprobleme verursachen.