Sechs Jahrzehnte im Zeichen des Umweltschutzes – Abwasserverband Langen/Egelsbach/Erzhausen feiert Jubiläum

Das Team des Abwasserverbandes Langen/Egelsbach/Erzhausen rund um Geschäftsführerin Eva-Maria Frei (vorne Mitte) im Jubiläumsjahr 2024 (einige Mitarbeiter fehlten beim Fototermin).

Foto: Hauptmann/AVLEE

Die Begriffe Natur- und Umweltschutz waren vor sechs Jahrzehnten noch lange nicht so präsent wie heute. Dennoch haben am 10. April 1964, einem Freitag, die Kommunen Langen und Egelsbach genau zu diesem Zweck eine weitreichende Kooperation beschlossen: Sie gründeten einen Abwasserverband. 1990 wurde aus dem Duo ein Trio: Der Beitritt der Gemeinde Erzhausen schuf den heutigen Abwasserverband Langen/Egelsbach/Erzhausen (AVLEE) und damit eine interkommunale Zusammenarbeit über Kreisgrenzen hinweg.

„Was unsere Vorgänger vor 60 Jahren angestoßen haben, war zukunftsweisend. Davon profitieren seither unsere Bürger, aber natürlich auch die Umwelt enorm“, sagt Verbandsvorsteher Jan Werner, Bürgermeister der größten Mitgliedskommune Langen, auch im Namen seiner Kollegen Tobias Wilbrand (Egelsbach) und Claudia Lange (Erzhausen).

Bereits 1959 fanden erste Gespräche über eine gemeinsame Behandlung der Abwässer aus Langen und Egelsbach statt. Die fünfjährige Vorbereitungszeit bis zur Vertragsunterzeichnung veranlasste den damaligen Landrat des Kreises Offenbach, Jakob Heil, bei der Gründungsversammlung im Bürgerhaus Egelsbach zu der Aussage, es bestehe „die berechtigte Annahme, dass die Verbandssatzung sehr gut vorbereitet und durchdacht“ worden sei. Auf Langener Seite betonte Bürgermeister Wilhelm Umbach, der neue Verband sei „ein Meilenstein auf dem Wege weiterer gemeinsamer Entwicklung zum Wohle der beiden Gemeinden“.

Den guten Start des Abwasserverbandes begünstigte die Tatsache, dass die 1957 eröffnete Langener Kläranlage bereits hochmodern war. Als erste im süddeutschen Raum arbeitete sie mit einem zweistufigen Schlammbelebungsverfahren. Ziel schon damals: die Wasserqualität in Flüssen und anderen Gewässern erhalten oder verbessern und die Trinkwasserreserven schützen.

Seither wurde die Kläranlage unter Regie des Abwasserverbandes immer wieder den jeweils aktuellen Standards angepasst, erweitert und saniert. Derzeit wartet Geschäftsführerin Eva-Maria Frei auf eine Zuschussgenehmigung durch das Land Hessen. Entstehen soll eine vierte Reinigungsstufe, die unter anderem Spurenstoffe wie Kosmetik- und Putzmittelrückstände herausfiltert. Für dieses 18-Millionen-Euro-Projekt hofft der AVLEE auf einen 75 prozentigen Zuschuss.

„Würde dann noch eine UV-Anlage installiert, hätte das Wasser nach der Aufbereitung in der Kläranlage wieder Trinkwasserqualität“, sagt Eva-Maria Frei. „Und das wird auch die Zukunft in der Abwasseraufbereitung sein.“ So geht sie davon aus, dass nach der vierten sehr schnell die fünfte Reinigungsstufe kommt.

Aber auch jetzt ist die Reinigungsleistung der Kläranlage auf dem Gelände mit der Adresse Prinzessin-Margaret-Allee 1 bereits überaus gut. Die Abbaugrade liegen bei Phosphor bei 97,3 Prozent, bei Stickstoff bei 83,1 Prozent. Die Parameter für den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB, 97,2 Prozent) und den Biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB5, 99,3 Prozent) sind ebenfalls sehr hoch.

Ganz aktuell hat der Abwasserverband eine Vereinbarung zum Recycling von Phosphor aus dem Klärschlamm unterzeichnet. Der Zweckverband Abfallverwertung Südhessen (ZAS) beabsichtigt, bis spätestens Ende 2028 eine Klärschlammmonobehandlungsanlage am Standort des Müllheizkraftwerkes in Darmstadt in Betrieb zu nehmen. Klärschlamm sollen dort in einem Drehrohrofen Schwermetalle und Schadstoffe entzogen und die anfallende Asche zu Düngemittel aufbereitet werden. Der in den angelieferten Klärschlämmen enthaltene Phosphor wird recycelt. „Dazu wären wird erst ab 2032 verpflichtet, wir möchten das aber früher umsetzen“, erläutert Eva-Maria Frei. „Die Interkommunale Zusammenarbeit mit dem ZAS und anderen Klärschlammerzeugern zum Phosphor-Recycling ist die größte in Südhessen“, freut sie sich.

Rund 3,9 Millionen Kubikmeter Abwasser hat die Kläranlage im vergangenen Jahr gereinigt. Dabei sind 3.200 Tonnen Klärschlamm angefallen.

Der Aufwand, der zur Reinigung betrieben wird, ist enorm: Drei Tage braucht – bei trockenem Wetter – ein Wassertropfen, bis er die Verbandskläranlage von Anfang bis Ende durchlaufen hat. In der mechanischen Reinigung (Rechenanlage, Fettfang, Vorklärung) wird etwa ein Drittel der Fremdstoffe entfernt. Die restlichen zu entfernenden Stoffe sind gelöst und können nur biologisch oder chemisch abgetrennt werden, wozu Belebungsbecken und Nachklärung dienen. Anschließend wird das saubere Wasser zurück in den Naturkreislauf geführt und fließt über den Hundsgraben ins hessische Ried und dann über den Rhein Richtung Nordsee. Der Betrieb kostet jährlich rund sieben Millionen Euro. Die Ausgaben werden über die Abwassergebühren der rund 60.000 angeschlossenen Einwohner und der Gewerbebetriebe in den drei Verbandskommunen finanziert.

Zuständig sind die 22 Mitarbeiter des AVLEE (darunter zwölf Techniker) nicht nur für den Betrieb der Kläranlage, sondern auch für die Sammelanlagen in Egelsbach und Erzhausen, von denen aus das Abwasser über Druckleitungen der Behandlung zugeführt wird. Zudem ist der Verband Eigentümer der zusammen knapp 80 Kilometer langen Kanalnetze in diesen beiden Kommunen und somit für Kontrolle und Instandhaltung verantwortlich. In Langen liegt die Zuständigkeit für das 125 Kilometer lange Netz bei den Kommunalen Betrieben (KBL).

Den sicheren Betrieb der Anlagen rund um die Uhr gewährleisten ist das eine, der Blick in die Zukunft das andere, das Geschäftsführerin Eva-Maria Frei und ihr Team beschäftigt. So hat der Klimawandel Auswirkungen auf den Reinigungsprozess: „Dieser ist temperaturabhängig“, erläutert die Expertin. „Wenn also die Durchschnittstemperaturen weiter steigen, werden in den Anlagen unter Umständen Bakterien vorherrschend, die man gar nicht haben möchte.“ In entsprechenden Netzwerken setzt sie sich deshalb mit Klimafolgeanpassungen auseinander.

Noch umweltfreundlicher werden möchte der Abwasserverband bei der Produktion des benötigten Stroms, jährlich etwa 2,2 Millionen Kilowattstunden. Eine neue Photovoltaikanlage ist bereits errichtet, wartet aber noch auf die Zertifizierung, ums ans Netz gehen zu können. „Mit ihr werden wir etwa ein Sechstel unseres Bedarfs decken“, sagt Eva-Maria Frei. Zusammen mit dem Blockheizkraftwerk auf dem Gelände, in dem eigenes Klärgas zum Einsatz kommt, wird dann rund die Hälfte des erforderlichen Stroms umweltfreundlich vor Ort produziert.

„Unser ganzes Engagement gilt dem Schutz unserer Umwelt“, resümiert Geschäftsführerin Eva-Maria Frei. „Das war vor 60 Jahren bereits so und ist im Jubiläumsjahr wichtiger denn je.“

Wer sich über die Arbeit des Abwasserverbandes informieren möchte, findet unter www.abwasserlee.de viel Wissenswertes. Ende August/Anfang September sind anlässlich des Jubiläumsjahres Aktionswochen für Kindergärten und Schulen geplant, zudem ein Tag mit öffentlichen Führungen. Infos dazu werden rechtzeitig auf der Internetseite veröffentlicht.

 

08.04.2024

Flauschige Rasenmäher – Alpakas auf den Freiflächen an der Kläranlage im Einsatz


Tierische Mitarbeiter auf der Kläranlage: Raphaelo (vorne), Milky Way und drei weitere Alpakas kümmern sich um die Pflege der Grünflächen.

Foto: Schaible/Stadt Langen

Sie sind effektiv, absolut unkompliziert in der Haltung und vor allem so niedlich: Auf der Langener Kläranlage sind fünf Alpakas eingezogen, um dort künftig die Grünflächen zu „mähen“. Vorerst sind die Tiere noch „auf Probe“, doch schon nach kurzer Zeit zeichnet sich ab, dass daraus aller Voraussicht nach ein Dauer-Engagement wird.

Marlies, Joline und Josie, Raphaelo und Milky Way – drei Stuten und zwei Hengste sind die neuen Mitarbeiter im Team des Abwasserverbandes Langen/Egelsbach/Erzhausen, der die Verbandskläranlage an der Prinzessin-Margaret-Allee 1 in Langen betreibt. Alpakas sind eine aus den südamerikanischen Anden (hauptsächlich Peru) stammende, domestizierte Kamelart, die inzwischen aber auch hierzulande vorwiegend wegen ihrer Wolle gezüchtet werden. Doch die wäre, wenn die Tiere dauerhaft auf der Kläranlage bleiben, nur ein Nebenprodukt.

Der Grund für den Einzug des Alpakas ist vielmehr die Grünpflege, wie Geschäftsführerin Eva-Maria Frei erläutert: „Bislang arbeiten wir mit Mährobotern, die allerdings nach siebenjährigem Einsatz erneuert werden müssten. Ein Problem dieser Geräte ist, dass sie alles schnetzeln, was zwischen ihre Messer kommt. Also auch Insekten, beispielsweise größere Käfer. Alpakas dagegen fressen Gras und sonst nichts.“

Der finanzielle Aufwand für die Anschaffung ist in etwa gleich. Auch die Unterhaltskosten sind überschaubar und entsprechen ungefähr den jährlichen Kosten für Wartung und Reparatur. Und die Tiere werden bis zu 25 Jahre alt, was die Lebensdauer der Mähroboter deutlich übersteigt.

Genügsam: Zweimal am Tag gibt es Kraftfutter für die Alpakas, die die Fütterung natürlich nutzen, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen.

Foto: Schaible/Stadt Langen

Etwa 6.000 Quadratmeter, das ist rund die Hälfte der gesamten Grünflächen der Kläranlage, können von Marlies, Joline, Josie, Raphaelo und Milky Way beweidet werden. Ein leicht zu versetzender Elektrozaun sorgt dafür, dass sie nicht übers ganze Betriebsgelände laufen. Aber die Tiere bleiben sowieso am Liebsten dort, wo es leckeres Gras für sie gibt.

Aktuell sind die fünf Alpakas von einer Züchterin ausgeliehen, aber mit der Option, sie dauerhaft zu kaufen. „Und es zeichnet sich schon ab, dass wir das auch tun werden“, sagt Eva-Maria Frei. „Der Aufwand ist sehr gering, das Ergebnis überzeugend. Und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das Zusammensein mit den zutraulichen Tieren stressreduzierend.“

Das Personal kümmert sich im Wechsel um die tierischen Kollegen, morgens und abends jeweils etwa zehn Minuten. „Zweimal am Tag Kraftfutter geben, mehr ist es nicht“, sagt die Geschäftsführerin. „Da am Wochenende ebenfalls Kollegen auf der Anlage sind, ist auch das kein Problem.“ Dass sich die fünf flauschigen Alpakas beim Füttern nebenbei Streichel­einheiten abholen, versteht sich von selbst.

Eingewöhnt haben sie sich gut, mit Ausnahme von Raphaelo. „Der Hengst vermisst seine Züchterin doch sehr und kränkelt“, berichtet Eva-Maria Frei. „Sollte sich das nicht bessern, wird er wohl dorthin zurückkehren.“ Doch so oder so wird sich die kleine Herde noch vergrößern: Zwei der Weibchen sind trächtig und werden jeweils ein Jungtier zur Welt bringen.

Untergebracht sind die Alpakas im Schwalbenhaus auf der Kläranlage. Dessen Bau wurde vom Paul-Ehrlich-Institut bezahlt als Ersatzmaßnahme für den Abriss des Kronenhofs im Wirtschaftszentrum Neurott, wo der Ersatzneubau des PEI entsteht. „Die Vogelschützer vom NABU begrüßen es sehr, dass wir die Tiere dort haben“, weiß die Geschäftsführerin. Schwalben sind bisher noch keine eingezogen, aber die Fachleute sind zuversichtlich, dass sich das bald ändert.

Im Vergleich zu Schafen, die ebenfalls zur Grünflächenpflege genutzt werden können, haben Alpakas einen großen Vorteil, erläutert Eva-Maria Frei. Sie hinterlassen ihren Kot nur auf ganz wenigen, kleinen und immer gleichen Stellen. Somit können die Mitarbeiter diesen problemlos zusammenrechen und entfernen.

„Der Kot kann getrocknet als hochwertiger Dünger vermarktet werden“, schildert die Geschäftsführerin einen weiteren Aspekt. „Ebenso wie durch die Wolle könnten wir somit Erträge erzielen.“ Denn vor dem Sommer müssen die Tiere geschoren werden, damit ihnen nicht zu heiß wird. Im Winter schützt sie das dichte Fell dann vor der Kälte, sodass sie ganzjährig einsetzbar sind. Was, wenn nichts mehr Unvorhergesehenes dazwischenkommt, wohl auch so eintreten wird.

 
18.07.2024